" De Burrkäwers "
 Mundartgruppe in Berlin-Weißensee

11 Frauen und 10 Männer zwischen 62 und 93 Jahren

unser Jüngster, 50 Jahre alt, ist leider weggezogen - und damit ausgeschieden


  


Geschichte der Gruppe

Aus einem Gespräch über Herkunft und Jugend wurde im Jahr 1995 die Idee geboren, sich mit plattdeutscher Konversation zu befassen. Sinn u Ziel sollte es sein, die in der Jugend außerschulisch erworbenen Kenntnisse der plattdeutschen Sprache in zwanglosen Gesprächen zu aktivieren.

Mit 2 Personen ging die Geschichte los, und ständig bemühten wir uns um weitere Teilnehmer. Es gab Zu- und Abgänge, heute sind wir 23 Leute, wobei die letzten Interessenten durch unsere Internetseite auf uns aufmerksam wurden. Ende 2014 besuchte uns ein gerade 25jähriger für kurze Zeit.

Unsere Gruppe spricht kein Märkisches Platt, sondern jeder das Platt seiner Heimat, - wir nennen es "Tauwannert Platt". Unsere Mitglieder kommen hauptsächlich aus Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen - und wir hatten auch schon einen Teilnehmer aus Westfalen dabei.

 

Tätigkeit

Grundsätzlich: Wir sind kein Verein!

Unsere Treffen sind regelmäßig, aber zwanglos.

Wir unterhalten uns über alltägliche Dinge und unsere Erlebnisse, lesen plattdeutsche Texte, singen auch plattdeutsche Lieder und versuchen, angeregt durch die Literatur oder einzelne plattdeutsche Wörter, einiges über alte Brauchtümer zu erfahren. Daneben gibt es jedes Mal einen Beitrag eines Teilnehmers zu einem selbst gewählten Thema.

Hin und wieder finden unsere Treffen außerhalb unseres "Hauses" statt. So besuchten wir eine Ausstellung und das Atelier des bekannten Berliner Grafikers und Illustrators Werner Klemke, und gelegentlich, bei sommerlichem Wetter, treffen wir uns am Milchhäuschen am Weißen See oder auch im Garten eines unserer Leute. 

2005 wurde unser Plattdeutschzirkel in einer Sendung  über Weißensee im „Heimatjournal“ des RBB-Fernsehens von Ulli Zelle vorgestellt.

Außerdem machen wir Ausflüge, um auch anderen Plattdeutschgruppen zu begegnen, und 2005 nahmen wir  am Vierländertreffen “Plattdütsch in de Kark“ in Ludwigslust teil.

Intern halten wir die Entwicklung unserer Gruppe in einer ständig ergänzten "Chronologie" fest.


 + + +

        

        Textbeispiele

        

Mecklenburgisch 

( Rudolf Tarnow )

Mötst di nich argern,
Hett keinen Wiert,
Mötst di blot wunnern,
Wat all passiert,
Mötst ümmer denken,
De Welt is nich klauk,
Jeder hett Grappen,
Du hest se ok!

Mötst di nich argern,
Hett keinen Sinn,
Ward di blot schaden,
Un bringt nix in,
Kort is dien Läben,
Un lang’n büst du dod,
Minsch, blot nich argern,
Ne, lachen deiht gaud!

 


Niedersächsisch

Tante Meyer un de Zeitung


Zeitungsutdräger hebbt dat nich jümmer eenfach. Nich blooss, dat se jeden Dag bi Wind un Wedder de Lesers dat Neeste in't Hus bring'n dot, ne, de armen Tostellers möt ok noch op de veelen Sonnerwünsche ingohn. De een will sein Zeitung ’n Eck ut'n Breefkassen rutkieken loten, dormit he glieks sehn deit, dat sein Morgenlektüre ok dor is. Anner een Kund'n will sein Blatt ganz deep in'n Kassen heb'n, kunn jo klaut warn. Givt ok welke, bi de klingelt war'n schall. Un denn givt dat Lüüd, bi de mut dat Tageblatt ünner de Footmatt leggt war'n, weil dor gorkeen Breefkassen is.


Nu givt dat jo ok Minschen, de jümme Zeitung op'n "Örtchen" dörchstudiert. Is jo ok nicks bi intowen'n. Ober nu geev dor inne Stadt ’n Fronsminsch, de verlang'n, dat ehr Zeitung jeden Morgen in't Klofinster rinsteeken war'n schull. Se hett ok'n groden Breefkassen. Ober för de Fro is dat man eenfacher so, se brukt man blooss, wenn se op "Tante Meyer" sitten deit, ehr rechte Hand uttstreeken, un se har ehr Zeitung. Dat hett sik siet Johr'n so inspeelt. Wenn de Zeitung mol ’n halbe Stün'n loter keem, so stühr ehr dat nich. Se seet op er runne Brill un tööf so lang, bit dat se ehr Tageblatt von dat opene Finster aflang'n kun'n.


Dat hett sik ober todrog'n, dat in de Wohnbezirk von dat Wief een annern Zeitungsutdräger de Run'n möök. Uns leebe Fro set sik as jeden Morgen op ehrn "vertrauten Sitz" un tööf gedullig op ehr Blatt....... ???????
     

 

Schleswig-Holstein

                                                       ( Carl Budich - Auswahl plattdeutscher Döntjes )

De kaputte Klingel

Fru Lorenz geiht na den Elektriker un seggt: "Ik bün doch al en poormaal bi Se vörwest un heff Se beden,

dat Se mien elektrische Bimmelklock wedder heel maakt. De geiht nämlich nich."

Dor seggt de  Elektriker: "Ik bün güstern nameddag awer al bi Se west, üm den Kraam to reparieren.

Ik heff poormaal up den Knoop drückt, awer Se kömen jo nich!"

 

 

Altmark 

( Fritz Hagen, Kalbe a.d.Saale)
 
 
Ostermorren
 
Lang vörr Sunn un Dau un Dag
sind ind Dorp de Deerns a wach.
Waoder haolns ut Bäk in`n Grund,
dat maokt smuck un hölt gesund.
 
Alle Gaorns voll Kinnerlust:
Haos weer dao! Ick hewd jao wußt.
Kinner söken ganz genau
Eier, rot un gäl un blau.
 
Doch toletzt don van de gälen
Ostereier noch twee fehln.
Vader hät se god versteken-
nu mütt he se sülwens söken...

 


+ + +

 



Unser Plattdeutsch  -  von Ost nach West

 

- Region -

Teilnehmer

Vorpommern

Rügen

1

 Greifswald, Anklam

2

Usedom

1

nördl. Mecklenburg

Rostock, Doberan

2

Wismar, Grevesmühlen, Hagenow

4

Teterow

1

südl. Mecklenburg

Müritz (Mirow)

1

 Parchim, Lulu, Dömitz

4

 Boizenburg

1

Brandenburg

Altmark

- - -

Schl.Holst., Niedersachsen

Lübeck

1

Stade, Bremen

2

Lüneb. Heide

1

gesamt

21

                                                                                      
 

+ + +
                                                                                                       


Bericht über uns in der taz vom 29. 6. 2010  

 

Nordische Maikäfer

SPRACHE

In Berlin-Weißensee trifft sich die plattdeutsche Mundartgruppe “De Burrkawers"

VON KAROLIN KORTHASE

 

Schietbüdel, Döskopp, Lorbass - die Liste der Kosenamen, mit denen mich meine Großmütter als Kind bedacht haben, ließe sich noch um einige Ausdrücke erweitern. Nicht unbedingt die schmeichelhaftesten Bezeich­nungen, wenn man einen Blick auf die hochdeutschen Über­setzungen wirft: So heißt Schietbüdel nicht nur Kind, sondern auch Hosenscheißer, der Döskopp ist ein Dummkopf und der Lorbass ein Tauge­nichts oder Lümmel. Was auf Hochdeutsch vergleichsweise hart klingt, kann auf Nieder­deutsch, umgangssprachlich kurz Platt genannt, durchaus liebevoll gemeint sein.

Seit ungefähr zwei Genera­tionen wird die Sprache des Nordens kaum noch weiterge­geben. Es ist vor allem die ältere Generation, die sie heute noch spricht und Platt auch in Mund­artgruppen pflegt. Sogar in Ber­lin trifft sich seit 1995 einmal monatlich ein Zirkel Plattbe­geisterter. Sie nennen sich „De Burrkäwers", auf Hochdeutsch die Maikäfer.

Die zwölf Wahlberliner, die zwischen 52 und 82 Jahre alt sind, fühlen sich bei den Tref­fen „wedder en beten to Hus“, al­so wieder ein bisschen zu Hau­se. Bei den monatlichen Treffen in einem Seniorenzentrum in Berlin-Weißensee wird aber nicht nur geklönt. Neben Vor­trägen zu geschichtlichen und literarischen Themen werden zum Beispiel auch eigene Texte zu Gehör gebracht.

Nostalgie im Netz

Für die Burrkäwers, die aus Nie­dersachsen, Mecklenburg und Westfalen kommen, geht es da­bei auch um Heimatpflege: "Plattdeutsch ist eine heimelige und gemütliche Sprache", sind sich die Mitglieder einig. Selbst das "Sie" klinge anders, "nicht so reserviert", erzählt einer der fünf Männer. In der Gruppe selbst würde man sich aller­dings schon längst duzen. Seit 2009, um genau zu sein. So steht es in der detaillierten Chronik der Burrkäwers.

Fast alle Maikäfer sind regel­mäßig im Netz unterwegs. Nos­talgie und digitale Welten sind für sie ebenso wenig ein Wider­spruch wie die Tatsache, dass die gemeinsame Sprache auf­grund der verschiedenen Her­künfte durchaus anders klingt. Nicht nur unterscheiden sich einzelne Worte voneinander, auch die Aussprache ist auf Rü­gen eine andere als etwa in Westfalen.

"Towannert Platt" nennt die Gruppe ihren Mund­artenmix, der in der Berliner Fremde ein Stück Heimat schafft.   …..

"Als Umgangssprache wird es wohl aussterben", ist sich des­halb auch die Mundartgruppe in Berlin-Weißensee sicher. Un­terrichten oder jemanden auf­nehmen, der noch kein Platt spricht, kommt für sie aber trotzdem nicht in Frage. "Das hält uns ja auf", meint einer der Burrkäwers. Und eine Frau fügt hinzu: "Das wäre einmal im Mo­nat auch gar nicht zu schaffen."

 

                                                                                                                      Karolin Korthase, Anklam-Berlin



 + + + 



aktualisiert: Nov.2020


 

Nach oben